Chung
  Women's Letter, Nr. 39, 2005, German
  

Liebe LeserInnen,

Kommunikation ist Gottes Gabe an die Kreatur. Information ist ein Ergebnis der Kommunikation. Information kann geteilt werden aber nicht Besitz. In der Natur wie in der Gesellschaft empfangen wir Information durch unsere funf Sinne. Information ist aber nicht ein Monopol der Menschen. Alle Geschopfe kommunizieren auf ihre eigene Weise und empfangen Informationen von einander. Verbundenheit untereinander ist eine wichtige Bedeutung von Kommunikation.

Verbundenheit untereinander (interconnectedness) war eines der am haufigsten gehorten Worter am World Economic Forum (WEF) in Davos 2005. Der heutige Lebensstil sowie wirtschaftliche Verhaltnisse verlangen solches Verbundensein in dieser globalisierten Welt. Doch es bestehen noch riesige Probleme bei der gerechten Verteilung materieller Guter sowie von Information bei den Instrumenten der gegenseitigen Verbundenheit. Information hat zum wirtschaftlichen Wachstum beigetragen. Aber durch Manipulation und Monopolisierung von Information vergrossert diese Verbundenheit untereinander den Graben zwischen Reich und Arm. Es ware darum besser, dieses Verbundensein wurde zur Mehrung von Gerechtigkeit eingesetzt und nicht als Methode der Ausbeutung..

Theologisch haben wir fur „interconnectedness¡° das Bild des einen Leibes in Christus ( 1. Kor. 12:26). Das bedeutet, dass wir zum Teilen bereit sein sollten, und zwar nicht nur der materiellen Guter, sondern auch zum Teilen von Information. Das fur den Computer gebrauchte Wort „world brain¡° (Weltgedachtnis) bedeutet, dass die Computer Technologie zum Teilen der Kenntnisse der ganzen Welt dienen konnte. Solch ein harmonisches Gewebe ist das, was wir im Zeitalter der Information notig haben.

Durch moderne Technologie konnen wir leicht mit andern Kontakt aufnehmen und Information teilen. Doch normalerweise sind Information und Technologie Monopole der sogenannten ersten Welt. Die Menschen der sogenannten dritten Welt haben viel weniger Zugang zu Technologie und Information. Und Frauen sind in besonderem Masse von dieser Information abgeschnitten. In der sudlichen Hemisphare leben Frauen in Bezug auf Information in einer Durre, wahrend die Menschen der nordlichen Hemisphare sich eher einer Flut von Information erwehren mussen.

Unser Frauenbrief ist ein kleines Zeichen unserer Solidaritat, die unser Reichtum ist, indem wir uns zum Teilen von Information verpflichten. Ich mochte diesen Austausch vom Buro fur Frauen und Gender in Mission 21 aus erleichtern. Wir sollen unsere Ideen austauschen, feministische Theologie vertiefen und unsere Stimmen rund um die Welt verstarken. Und nicht zuletzt mochte ich, dass die Stimmen aus der dritten Welt in der ersten Welt vermehrt gehort und wahrgenommen werden.

Wir sind glucklich, dass wir ein kleines Redaktionsteam haben bilden konnen, in welchem die vier Kontinente vertreten sind: Carmen .Fernandez.. fur Lateinamerika, Silvia Tomas fur Afrika, Marianne Herrera fur Europa und ich fur Asien. Wir hoffen, dass wir so zu intensiverem Austausch beitragen konnen.

Ich bin ferner glucklich, dass ich mich und meine Visionen in dieser Ausgabe vorstellen kann. Dann findet ihr in dieser Ausgabe als besonderes Thema „1000 Frauen fur den Friedens Nobelpreis¡°. Es freut uns, dass wir euch zwei Kandidatinnen fur diesen Preis vorstellen konnen, die durch Mission 21 unsere Partnerinnen sind. In unserer Welt leiden Frauen unter grosser und kleiner, personlicher oder struktureller Gewalt. In Nachrichten von allen vier Kontinenten konnt ihr erfahren, wie Frauen in verschiedenen Situationen auf die Uberwindung von Gewalt hinarbeiten. Gott schenke uns Energie zum Widerstand gegen Unrecht und Gewalt in dieser Welt und in unserer personlichen und sozialen Situation.

Jede Ruckmeldung und jeder Vorschlag eurerseits wurden uns freuen. Dieser Frauenbrief ist eines der Werkzeuge, mit dem wir unsere Sorgen, unsere Freuden, unsere Verunsicherungen und unsere guten Nachrichten teilen konnen. Es ware schon, wenn unser Frauenbrief durch den Austausch von Information und Neuigkeiten zur Ermutigung unserer Schwestern und Bruder beitragen wurde.

5. Mai 2005 Meehyun Chung, Basel


Vorstellung
Meehyun Chung

Im Jahr 1975 habe ich fur das Prasidentinnenamt an meiner Grundschule kandidiert. Ich war damals schon Vizeprasidentin und als solche gut akzeptiert. Als ich in meiner Kandidaturrede Bezug auf das UNO "Jahr der Frau" nahm, haben meine Mitschulerinnen einfach gelacht und damit gezeigt, dass – gemass ihrem Empfinden – eine Frau nicht Prasidentin werden sollte. Frauen gelten bei uns als Erganzung oder Gehilfin des Mannes. Alles was mit Vize zu tun hat, ist fur eine Frau akzeptabel. Aber mehr darf nicht sein. Nun 30 Jahre danach nehme ich eine Stelle als Leiterin fur Frauen und Gender in der Schweiz. In dem Sinne hat es dieses Jahr als 30sten. Jubilaum des internationalen Jahr der Frau fur mich eine grosse Bedeutung. Was habe ich inzwischen gemacht?

Ich bin in einer demokratisch reformierten Christenfamilie aufgewachsen. Es ist in einem konfuzianisch gepragten Land wie Sudkorea nicht selbstverstandlich, dass man als Tochter innerhalb der Familie Gleichberechtigung erlebt. In diesem Sinne war ich sehr privilegiert, solche Eltern zu haben. Meine Mutter musste sich um ihre eigene Mutter kummern, die aus Nordkorea kam und in ihrem hohen Alter sehr auf meine Mutter angewiesen war. Meine Mutter wollte Vater aber nicht damit belasten und dazu okonomisch selbstandig sein. Darum war sie bis zur Pensionierung als Lehrerin tatig. Und Vater hat sie dabei sehr unterstutzt. Durch die Berufstatigkeit meiner Mutter erfuhr ich schon fruh, mit welchen sozialen Problemen eine Frau in der koreanischen Gesellschaft konfrontiert wird.

Daruber hinaus bin ich in einer Kirchgemeinde gross geworden, in welcher der Pfarrer sich sehr fur die Emanzipation der Frauen einsetzte, und der unsere Kirche auch in der weltweiten Okumene vertrat. Darum kamen immer wieder europaische Theologen in unsere Gemeinde, was in mir fruh das Interesse an der deutschsprachigen Theologie weckte. Einer der vielen Theologen, die uns besucht haben, war mein spaterer Doktorvater, Herr Prof. Lochman. Seine Predigt hat mir so gefallen, dass ich seine Bucher gelesen habe. Und schliesslich habe ich mich entschlossen, bei ihm in Basel meine Kenntnis der reformierten Theologie noch intensiv zu vertiefen, was mir theologisch am Herzen lag. Dank seiner freundlichen Einladung und Begleitung habe ich eine gute Basler Zeit verbracht und mich mit dem Thema Offenbarungs- und Geschichtsverstandnis bei K. Barth und J.L. Hromadka beschaftigt.

Auch wenn ich mich mit den grossen mannlichen Theologen auseinandergesetzt habe, so lagen doch am Ursprung meines Interesses an diesem Thema meine Erfahrungen mit meiner Grossmutter auf den Gebetsbergen in Korea, wo uberwiegend Frauen inbrunstig beteten. Oft haben die Frauen ihre privaten Offenbarungserfahrungen zum Ausdruck gebracht. Das hat in mir grundsatzliche theologische Fragen ausgelost: Was heisst Offenbarung? Inwiefern sind mystische Erfahrungen legitim? usw. Ich beschaftige mich noch immer mit den Themen Mystik, Glaubenserfahrungen von Frauen und Harmonie zwischen Mystik und Widerstand.

Ich bin in meiner ersten Basler Zeit der reformierten Theologie wegen hergekommen; beim zweiten Mal wegen "Frauen und Gender". So bin ich nun glucklich, diese beiden Themen kombinieren zu konnen. Mit reformierter Identitat meine ich nicht Ausschluss von der Welt oder sich abgrenzende enge Distanzierung von Andersdenkenden und Andersglaubigen. Ich sehe darin viel mehr eine an Christus zentrierte reformierte Identitat, sozial, offen fur die Gemeinschaft, solidarisch und verantwortungsbereit gegenuber der Weltgemeinschaft und Mitgeschopf.

Ich sehe meine Aufgabe in drei Stufen:
a. Intern im Haus als Beraterin fur Genderbewusstsein unter den MitarbeiterInnen zu fungieren und Gendermainstreaming in der Anstellung und in der Aufgabenzuteilung zu fordern.
b. In der Schweiz bei Gemeinden und bei Bildungsorganen wie Universitaten und Schulen feministische Theologie zu fordern und zu praktizieren, das Nord-Nord Frauen Netzwerk zu starken und die Stimmen aus dem Suden zu Gehor zu bringen.
c. In der Okumene und in den Partnerlandern die Frauenarbeit und das Sud-Sud Frauen Netzwerk zu fordern und Gendermainstreaming und feministische Theologie einzufuhren.

Auf diesen Grundlinien mochte ich meine Visionen als Leiterin der Stabsstelle Frauen und Gender folgendermassen zusammenfassen:

1. Nicht nur Almosen, sondern auch strukturelle Hilfe, damit die Partnerinnen zur Selbsthilfe kommen konnen. Genderfrage sollte im Zusammenhang mit der Problematik des Rassismus, der wirtschaftlichen Schichtszugehorigkeit berucksichtigt werden.
2. Unser Verhaltnis zu den Partnerinnen soll nicht nur das zwischen Gebern und Nehmern (diakonia)sein, es soll eine gegenseitige Lerngemeinschaft (koinonia)entstehen, damit das Evangelium besser verstanden(kerygma) und das Christentum besser gestaltet werden kann.
3. Es sollen nicht nur die Frauen aus der sogenannten ersten Welt zum Reden und zum Schreiben kommen; die Frauen aus der sogenannten dritten Welt sollen ermutigt und es sollen dazu Gelegenheiten geschaffen werden, sich schriftlich darzustellen.
4. Ich will unseren Partnerkirchen nicht unterstuzen, Elitefrauen ausbilden, die nachher gegenuber schwachen und sozial vernachlassigten Frauen die Macht ausuben; wir wollen Frauen ausbilden, die nachher fur das Empowerment bereit sind.
5. Als Folge der klassischen Missionstatigkeit sind die Kirchen in unseren Partnerlandern vielfaltig zersplittert. Frauen sind, grob gesagt, besser im Stande, okumenisch zu arbeiten. Ich hoffe, dass die Frauen die Zersplitterung der Kirchen und Religionen besser uberwinden konnen.
6. Mission im Ausland sollte nicht dazu dienen, von hauslichen Problemen abzulenken, wie es bei der katholischen Mission im 17. Jh. der Fall war. Zwar ist das Gewicht der Sonntagschristen in der Schweiz geschwacht worden, doch die Alltagschristen sind noch da. In diesem Zusammenhang mochte und hoffe ich, dass ich mit meinerer Frauen- und Genderarbeit dazu beitragen kann, die Integration von Christinnen aus dem Suden in der Schweiz, besonders in Kirchgemeinden, lebendiger zu machen.
7. Christentum und Mission treten nicht mehr so selbstsicher auf wie einst. Das hat mit dem schlechten Ruf wegen Zwangsbekehrungen und Kollaboration mit der Kolonialherrschaft usw. zu tun. Die westliche Christenheit sollte die gegenuber anderen Volkern begangenen Fehler bekennen und nicht ausser Acht lassen. Hier tut Verzicht auf Uberheblichkeit und Absolutheitsanspruch Not. Aber dabei sollte das Vertrauen ins Evangelium nicht verloren gehen.
8. Mission sollte nicht nur wohltatige Entwicklung sein. Soziale und strukturelle Entwicklung sind wichtig fur diese Aufgabe. Die Bemuhung um alternative Globalisierung konnte zur Wiedergutmachung der klassischen Mission beitragen. Soziale Veranderungen sollten im Gleichgewicht mit der seelischen Entwicklung der individuellen Christen harmonisch herbeigefuhrt werden.
9. Ich mochte reformierte Identitat in aller Offenheit bewahren: gemeinsames Wohlergehen, soziale Gerechtigkeit und Weltgemeinschaft, Gnade und nicht Werkgerechtigkeit betonen. So wie Jesus das Leiden am Kreuz auf sich genommen hat, so sollen wir das von Menschen verursachte Leid gemeinsam bekampfen.
10. Die praktische Begleitung von Frauenprojekten und Gender mainstreaming sowohl in der Schweiz als auch in Partnerlandern sollen weiter gefordert werden. Daneben soll auch theoretische, theologische Arbeit getan werden, z.B. zu den Themen Wasser, Oko feministische Theologie, Inter- und Intra religiose Dialog usw.

Ich bevorzuge praxisbezogene und kirchlich orientierte feministische Theologie. Ich bin nach wie vor der Meinung, solange die Feministische Theologie nur akademisch orientiert ist, bleibt sie nur ein akademisches Spiel an Universitaten. Mehr nicht!

Ich habe in der mannerdominierten koreanischen Gesellschaft selber viele Schwierigkeiten und viel Diskriminierung erlebt als Frau und Pfarrerin. Was fur mich noch schwieriger zu ertragen ist, ist die Erfahrung der Unterdruckung und Diskriminierung durch machtige Frauen, die zwar weltweit als feministische Theologinnen bekannt sind, aber andere Frauen neben sich nicht dulden konnen.

Wir Frauen brauchen Macht an sich. Aber das Ziel kann nicht "mehr Macht fur mich" sein. Das ware nur ein Wandel vom Patriarchat zum Matriarchat, oder vom Patriarchismus zum Matriarchismus.
Wir brauchen nicht Macht, die andern zu entmachten, sondern die andern zu ermachtigen.
Jesus hat uns in wunderbarer Weise Beispiele gezeigt, wie Macht auf andere Weise eingesetzt werden kann. Ich mochte mich darum bemuhen, von dieser Stelle aus "Empowerment" im biblischen Sinn zu praktizieren.

[ÀμâÇϱâ] 2017-10-28 09:53:51


     
  


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